Wenn sich zertifizierte medizinische Produkte als gesundheitsschädlich entpuppen oder nicht funktionieren, dann ist Zeit für die EU zu handeln. Brustimplantate wurden aus gesundheitsschädlichem Industriesilikon gefertigt, HIV-Tests lieferten falsche Ergebnisse; die Liste der Skandale ist lang. Um dem Wildwuchs Herr zu werden entschied das Europaparlament nun im Sinne der Verbraucher: mehr Kontrollen sollen in Zukunft die Sicherheit medizinischer Produkte gewährleisten. Hörgeräte, Herzschrittmacher, Hüftimplantate, HIV- und Schwangerschaftstests, sowie Spritzen, Skalpelle uvm. sind Adressat der neuen Gesetze. Zwei Verordnungen treten in Kürze in Kraft.
Unangemeldete Kontrollen bei Implantatherstellern möglich
Zum einen hat das EU-Parlament entschieden, das Kontrollen zur Qualitätsprüfung bei den Herstellern von beauftragten Prüfstellen ab sofort unangemeldet stattfindet dürfen. Durch das Einführen gezielter unangemeldeter Kontrollen verspricht man sich, einen solchen Skandal (zumindest europaweit) nicht noch einmal zuzulassen und minderwertige Medizinprodukte zu identifizieren. Das höhere Risiko entdeckt zu werden, soll unseriöse Hersteller im Vornherein abschrecken. Außerdem sollen in Zukunft Behörden EU-übergreifend zusammenarbeiten und gemeinsam die Qualität medizinischer Produkte überprüfen und sichern.
Auch der TÜV wird kontrolliert
Die Kontrollverordnung beinhaltet zudem, dass fortan auch die Prüfstellen selber kontrolliert werden. So muss beispielsweise der TÜV ab sofort nachweisen, dass qualifiziertes Personal mit der Qualitätssicherung beauftragt ist. Die Überwachung der Prüfstellen wird zukünftig verschärft. Das „Kontrollieren der Kontrolleure“ dürfte auch ein Klüngeln zwischen Hersteller und profitierenden Prüfunternehmen erschweren.
EU-Datenbank ermöglicht schnelles Handeln bei Problem-Produkten
Der zweite Beschluss des Europaparlaments beinhaltet das Einführen einer EU-weiten Datenbank und die damit verbundene Kennzeichnung und Auflistung medizinischer Produkte. Eine Zuordnung problematischer Produkte kann so schneller und gezielter erfolgen. Während unangemeldete Kontrollen bei Herstellern und verschärfte Überwachung von Prüfstellen bald schon europaweit an der Tagesordnung sein sollen, gelten für bestimmte Bereiche Übergangsfristen von drei bis fünf Jahren.
Mit diesen neue Massnahmen sollen Skandale wie das Befüllen von Brustimplantaten mit Industriesilikon der Vergangenheit angehören. Ob schwarzen Schafen damit aber endgültig ein Riegel vorgeschoben werden kann, darf aber bezweifelt werden.